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Auf dieser Seite finden sich Informationen zum Opferentschädigungsgesetz und zu relevanten Positionspapieren des WEISSEN RINGS.
Opfer von vorsätzlichen rechtswidrigen tätlichen Angriffen haben Anspruch auf Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz, wenn sie durch die Tat gesundheitliche Schäden erlitten haben. Die Leistungen bei Taten im Inland bestimmen sich nach dem Bundesversorgungsgesetz, das nach dem Zweiten Weltkrieg für die Kriegsopfer geschaffen wurde. Opfer haben damit einen Anspruch auf Versorgung und nicht nur auf Entschädigung.
Dieser Anspruch auf Versorgung bedeutet eine soziale Sicherung, die auch dann greift, wenn durch die Tat gravierende und lang andauernde gesundheitliche Belastungen entstanden sind. Das Gesetz bietet eine sehr gute Versorgung, die über die Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen hinausgeht. Einige Lücken gilt es indes zu schließen – siehe dazu weiter unten unsere sozialrechtspolitischen Forderungen.
Im Januar 2017 legte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales einen ersten Arbeitsentwurf zur Regelung des Sozialen Entschädigungsrechts vor. Dieser unterscheidet sich grundlegend von den bisherigen Regelungen.
Eine Stellungnahme des WEISSEN RINGS zu dem Ersten Arbeitsentwurf eines Gesetzes zur Regelung des Sozialen Entschädigungsrechts finden Sie hier.
Der Deutsche Sozialrechtsverband hat sein 49. Kontaktseminar vom 20. bis 21. Februar 2017 dem Thema "Abschied von der Kriegsopferversorgung - Aufbruch zum neuen sozialen Entschädigungsrecht" gewidmet. Den Vortrag der Bundesvorsitzenden des WEISSEN RINGS, Frau Roswitha Müller-Piepenkötter, mit dem Titel "Warum brauchen wir ein neues Soziales Entschädigungsrecht - das Leitgesetz des BVG als Auslaufmodell?" sowie den Vortrag von Frau Barbara Wüsten, Referatsleiterin Opferrechte, Internationales und Ehrenamt zu "Einmalzahlungen" stellen wir hier zur Verfügung. Die Artikel sind erschienen im Sonderheft 2017 Sozialrecht aktuell des Nomos Verlages.
Eine Übersicht über die bestehenden Regelungen gibt der Artikel „Das kaum bekannte Opferentschädigungsgesetz. Die Leistungen und ihre Gewährung – Praxisprobleme und Novellierungsbedarf“ von Iris Borrée, Johannes Friedrich und Barbara Wüsten, erschienen in der Zeitschrift Soziale Sicherheit (2/2014) – herunterzuladen unter dem folgenden Download-Button. Auf der aus einem europäischen Projekt hervorgegangenen Website infovictims.de gibt es weitere Informationen und Antragsformulare.
Basierend auf Behördenangaben erstellt der WEISSE RING jedes Jahr eine Statistik zur staatlichen Opferentschädigung – mit ernüchterndem Ergebnis: Nur ein Bruchteil der Berechtigten beantragt Leistungen nach dem OEG.
Häufig erster Ansprechpartner für die medizinische Versorgung sind die gesetzlichen Krankenkassen. Im Bereich der psychotherapeutischen Versorgung bestehen jedoch Lücken, die es zu schließen gilt. Der WEISSE RING hat deshalb auch Forderungen zur psychotherapeutischen Versorgung von Kriminalitätsopfern erarbeitet.
Stand Februar 2014
Im Folgenden online lesen oder hier als PDF herunterladen:
Das Opferentschädigungsgesetz (OEG) aus dem Jahre 1976 gewährt Opfern von Gewalttaten Anspruch auf Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Die Leistungen nach dem OEG/BVG stellen eine wesentliche Absicherung für Opfer von Gewalttaten dar. Hierzu gehört der Anspruch auf Heilbehandlung, der über die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung hinaus geht. Darüber hinaus stellen in Fällen einer bleibenden gesundheitlichen Einschränkung die Rentenzahlungen eine wesentliche wirtschaftliche Absicherung dar und verhindern oftmals das Abgleiten in die Sozialhilfe oder andere soziale Sicherungssysteme.
Auch wenn das OEG/BVG einen positiven Ansatz verfolgt, in langen Jahren zahlreiche Verbesserungen erfuhr und eine gute Versorgung bietet, ist eine Weiterentwicklung der gesetzlichen Regelungen, insbesondere der Verfahrensvorschriften, erforderlich.
Durch die leider übliche jahrelange Dauer der Verfahren werden Opfer von Gewalttaten zusätzlich belastet. Eine schnellere Leistungsgewährung und ein einfühlsamer Umgang mit den Opfern gehören zu den langjährigen Forderungen des WEISSEN RINGS.
Eine aktive Betreuung und Förderung der Antragsverfahren, die der Fürsorgepflicht des Staates und dem entschädigungsrechtlichen Ansatz des Gesetzes Rechnung tragen, sind unabdingbar. Dies gilt nicht nur für die Verwaltung, sondern ebenso für die Sozialgerichtsbarkeit.
Opfer von Gewalttaten dürfen nicht länger durch die Dauer der Verfahren und hiermit einhergehende Belastungen davon abgehalten werden, ihnen zustehende Entschädigungsleistungen geltend zu machen. Immer wieder werden Anträge nicht gestellt oder aber laufende Entschädigungsverfahren nicht weiter verfolgt, weil die hiermit einhergehenden Belastungen nicht tragbar sind.
Die Richtlinie der EU über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten enthält umfangreiche Bestimmungen zu den in den strafrechtlichen Verfahren einzuhaltenden Standards.
So normiert die Richtlinie das Recht der Opfer, zu verstehen und verstanden zu werden (Artikel 3), das Recht auf Information bei der ersten Kontaktaufnahme mit einer zuständigen Behörde (Artikel 4), ein Recht auf Informationen zum Fall (Artikel 6) sowie ein Recht auf Dolmetschleistung und Übersetzung. Im Strafverfahren haben Opfer den Anspruch auf rechtliches Gehör (Artikel 10) sowie Schutzrechte, so z.B. die Beschränkung der Anzahl der Vernehmungen auf ein Mindestmaß (Artikel 20). Die Mitgliedstaaten sind ferner verpflichtet, für eine Schulung der Berufsgruppen Sorge zu tragen, die mit Opfern in Kontakt kommen (Artikel 25). Alle diese Rechte sind bisher nicht oder nicht in vergleichbarem Umfang in den verwaltungs- und sozialgerichtlichen Verfahrensordnungen vorgesehen.
Der WEISSE RING fordert, diese opferschonenden Verfahrensvorschriften in die Gesetze über die sozialrechtlichen Verwaltungs- und Gerichtsverfahren aufzunehmen.
Die Qualität der Begutachtung in den Verwaltungs- und Gerichtsverfahren ist verbesserungsbedürftig.
Dies gilt insbesondere für die Feststellung von psychischen Folgen von Gewalttaten. Die in diesen Verfahren tätigen Gutachter müssen mögliche gesundheitliche Auswirkungen von erlittenen Traumata ebenso wie die einzelnen Krankheitsbilder kennen. Sie müssen deren Bedeutung für die Feststellung von Kausalzusammenhängen ebenso wie deren Auswirkungen auf die Aussagefähigkeit der Opfer beurteilen und bei der Beantwortung der Fragestellungen sachgerecht bewerten können.
Der WEISSE RING fordert daher, die im Koalitionsvertrag (S. 154) angekündigten Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung der Begutachtung in Zusammenarbeit mit den Berufsverbänden nicht auf das Familienrecht zu beschränken. Auch die Gewaltopfer haben einen Anspruch auf eine kompetente, zeitnahe, qualitätsgesicherte Begutachtung.
In der Wissenschaft besteht Einigkeit, dass nach einem Extremereignis, wie es eine schwere Gewalttat darstellt, sofortige psychische Hilfe erforderlich ist. Diese besteht in der Aufklärung, Beratung, Behandlung und Stabilisierung. Wird diese Hilfe sofort zur Verfügung gestellt, kann in einer Vielzahl von Fällen eine vollständige Verarbeitung des Erlebten erreicht werden.
§§ 10 Abs. 8 und 18c Abs. 3 Bundesversorgungsgesetz geben der Versorgungsverwaltung die Möglichkeit, sofort nach jeder Gewalttat auf Antrag tätig zu werden. Sobald das Opfer glaubhaft (vergleiche § 15 Verwaltungsverfahrensgesetz der Kriegsopferversorgung) eine vorsätzliche Gewalttat schildert oder eine solche sich aus den äußeren Umständen ergibt, bei der die Gefahr einer seelischen Erkrankung besteht, ist die Versorgungsverwaltung zuständig. Wann diese Gefahr besteht, ergibt sich aus der bisherigen Nr. 71 der „Anhaltspunkte“, die nach der Begründung der Versorgungsmedizin-Verordnung auch weiterhin gilt.
So wichtig der schnelle Start der Hilfe bei physischen Belastungen ist, so wichtig ist sie auch bei psychischen Verletzungen.
Der WEISSE RING fordert deshalb, durch Rechtsverordnung klarzustellen, dass §§ 10
Abs. 8 und 18c Abs. 3 Bundesversorgungsgesetz zwingende Vorschriften sind und die Versorgungsverwaltung sofort nach jeder Gewalttat auf Antrag tätig werden muss. In Anlehnung an die guten Erfahrungen mit dem Durchgangsarzt der gesetzlichen Unfallversicherung sollte die Versorgungsverwaltung für alle Gewaltopfer Ärzte zur Verfügung stellen, die besondere Erfahrungen in der Erstbehandlung und Betreuung von Opfern von Gewalttaten haben.
Es würde den Bekanntheitsgrad des OEG steigern und mehr Opfern als bisher Entschädigungsleistungen ermöglichen, wenn alle staatlichen Stellen und Ärzte verpflichtet sind, Opfer von Gewalttaten auf ihre Rechte nach dem OEG hinzuweisen und einen Antrag an die Versorgungsverwaltung weiterzuleiten.
Der WEISSE RING fordert eine Informationspflicht aller staatlichen Stellen. Die durch das 2. Opferrechtsreformgesetz in die StPO eingefügte Informationspflicht der Strafverfolgungsbehörden nach § 406h StPO ist ein wichtiger erster Schritt.
Opfer von Gewaltdelikten müssen derzeit nachweisen, dass sie Opfer eines vorsätzlichen, rechtwidrigen tätlichen Angriffs geworden sind.
Hierbei hilft § 15 des Verwaltungsverfahrensgesetzes der Kriegsopferversorgung (KOVVfG). Nach dieser Vorschrift sind die Angaben des Antragstellers, „die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, … der Entscheidung zugrunde zu legen, soweit sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen“. Die Glaubhaftmachung ist der mildeste Beweismaßstab des Sozialrechts. Es reicht für die Glaubhaftmachung aus, wenn von mehreren Möglichkeiten eine am wahrscheinlichsten ist.
Die Beurteilung der Glaubhaftigkeit ist keinem Beweis durch eine Begutachtung zugänglich, sondern ist Aufgabe des Gerichts.
Die durch § 15 KOVVfG gegebene Beweiserleichterung hilft beispielsweise Opfern sexuellen Missbrauchs in der Jugend, die oft erst als Erwachsene die Kraft finden, die Tat zur Anzeige zu bringen. Weil solche Taten oft im familiären Umfeld geschehen, erfolgt tatnah weder eine Strafanzeige noch stehen Zeugen zur Verfügung, sodass die klassischen Beweismittel fehlen.
Diese Beweiserleichterung hilft jedoch dann nicht, wenn das Opfer keinerlei Erinnerungen an die Tat hat. Auch bei einem getöteten Opfer oder bei unbekanntem Täter gelingt es häufig nicht, einen vorsätzlichen Angriff nachzuweisen. Dann hilft auch nicht, dass eine Strafanzeige keine zwingende Voraussetzung für Leistungen nach dem OEG ist. Die gleichen Probleme ergeben sich, wenn im Strafverfahren wegen der Unschuldsvermutung der Vorsatz nicht festgestellt und der Täter nur wegen fahrlässiger Körperverletzung verurteilt wurde, obwohl nach der Rechtssprechung eine Beurteilung unabhängig von einem eventuellen Strafverfahren erfolgen soll.
Der WEISSE RING fordert deshalb, gesetzlich zu regeln, unter welchen leicht feststellbaren äußeren Umständen von dem Vorsatz des Täters ausgegangen werden muss.
So könnte, wenn der Beschädigte Zeichen einer Gewalteinwirkung aufweist und keine Tatsachen für einen anderen Geschehensablauf vorliegen, ein vorsätzlicher rechtwidriger tätlicher Angriff vermutet werden.
Psychische Gewalt führt in einer nicht unerheblichen Anzahl von Fällen zu schweren seelischen Belastungen und Erkrankungen. Hierzu gehören beispielsweise Stalking, häusliche Gewalt, Mobbing und Bedrohung. Nach der Zielvorstellung des OEG müssten solche Straftaten Hilfsmaßnahmen und Entschädigungsleistungen auslösen. Dies gilt auch für die Fälle des Stalking, die ausschließlich in Telefonanrufen oder sonstigen unerwünschten Kontaktaufnahmen bestehen.
Deshalb unterstützt der WEISSE RING das im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel, im OEG den „veränderten gesellschaftlichen Entwicklungen und Erkenntnissen auch im Bereich psychischer Gewalt Rechnung“ tragen zu wollen. Bereits das Bundessozialgericht führt in seinem Urteil vom 07.04.2011 aus, dass der Gesetzgeber den Zielen des Europäischen Übereinkommens über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten durchaus entsprechen würde, wenn er Opfer psychischer Gewalt in den Schutzbereich des OEG einbeziehen würde.
Der WEISSE RING fordert daher, den Anwendungsbereich des OEG auf Fälle psychischer Gewalt zu erweitern und damit diese Vereinbarung im Koalitionsvertrag schnellstens umzusetzen.
Anerkannte kriminalstatistische und medizinstatistische Untersuchungen (vgl. Günter Deegener, Psychische Folgeschäden nach Wohnungseinbruch, Mainzer Schriften zur Situation von Kriminalitätsopfern) haben ergeben, dass Opfer nach Wohnungseinbrüchen vielfach behandlungsbedürftige seelische Belastungen mit Krankheitswert erleiden. Es handelt sich beim Wohnungseinbruch nicht um einen vorsätzlichen tätlichen Angriff gegen eine bestimmte Person, aber um ein Delikt, das – wie die in § 1 Abs. 2 OEG genannten Delikte – oft oder sogar typischerweise dieselben Wirkungen hat. Der Täter dringt in die verfassungsrechtlich geschützte Privatsphäre des Opfers ein und verletzt damit das für die Lebensqualität wichtige Sicherheitsgefühl.
Deshalb fordert der WEISSE RING, das Delikt des Wohnungseinbruchs in den Katalog des § 1 Abs. 2 OEG aufzunehmen.
Opfer von Gewalttaten erhalten bei psychischen Störungen nur dann Leistungen nach dem OEG, wenn sie nachweisen können, dass die psychische Belastung durch die Straftat verursacht worden ist. Dies stößt im Einzelfall auf erhebliche Schwierigkeiten. Das Bundessozialgericht hat deshalb in seiner Entscheidung vom 12.06.2003 (B 9 VG 1/02 R) ausgeführt, dass eine bestärkte Wahrscheinlichkeit für diesen Zusammenhang besteht, wenn ein Ereignis nach den medizinischen Erkenntnissen in signifikant erhöhtem Maße geeignet ist, eine bestimmte Erkrankung hervorzurufen. Grundlage für die Beurteilung ist Ziffer 71 der „Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz“. Eine solche bestärkte Wahrscheinlichkeit ist dann gegeben, wenn im Einzelfall nach Maßgabe der in den Anhaltspunkten festgestellten allgemeinen medizinischen Erkenntnisse die Tatsachen im konkreten Fall einen Ursachenzusammenhang begründen.
Das Bundessozialgericht und das Bundesverfassungsgericht hatten seit langem eine demokratische Legitimation der Anhaltspunkte gefordert. Die Anhaltspunkte wurden zum 01.01.2009 in die „Versorgungsmedizin-Verordnung“ überführt. Hiermit nicht verbunden war eine Überarbeitung und Anpassung an die aktuellen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft. Ferner wurde der Teil „Kausalitätsbeurteilung bei einzelnen Krankheitszuständen“ nicht in die Anlage zur Verordnung aufgenommen. Hierdurch können eine erhebliche Rechtsunsicherheit hervorgerufen und die Einheitlichkeit der Verwaltungspraxis gefährdet werden.
Kausalitätsvermutungen sind verordnungsfähig. So enthält z.B. für die Soldatenversorgung die Einsatzunfallverordnung (EinsatzUV) eine Vermutung über den Zusammenhang zwischen einer in der Verordnung genannten psychischen Störung und einem Einsatzunfall.
Der Bundesrat hatte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bereits 2008 aufgefordert, zeitnah nach Inkrafttreten der Versorgungsmedizin-Verordnung mit den Ländern in einen Dialog zur Überarbeitung und Schaffung von Rechtssicherheit im Bereich der Beurteilung der Ursachenzusammenhänge einzutreten.
Der WEISSE RING fordert daher die Ergänzung der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung um die bisherigen Kausalitätsbestimmungen, insbesondere der Nummer 71 der Anhaltspunkte und ihre Überarbeitung und Anpassung an die aktuellen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft.
Das OEG hat im Laufe seiner Geschichte viele Gruppen ausländischer Staatsangehöriger, die in Deutschland Opfer einer Gewalttat werden, in den Kreis der Berechtigten aufgenommen.
Diese Weiterentwicklung des OEG hatte bisher keine ebenso positiven Auswirkungen für deutsche Staatsangehörige. Werden sie Opfer einer Gewalttat im Ausland, haben sie nur einen eingeschränkten Anspruch auf Leistungen nach dem OEG und sind im Übrigen auf Leistungen nach den Entschädigungsregelungen des Tatortstaates angewiesen. Diese Leistungen sind zudem auf die Leistungen nach dem OEG anzurechnen. Aber selbst in Staaten der Europäischen Union existieren solche Entschädigungsregelungen nicht flächendeckend.
Die Ausweitung des OEG auf Taten im Ausland durch das 3. OEG-Änderungsgesetz ist eine bedeutende Verbesserung für Opfer vorsätzlicher Straftaten. Sie stellt einen wichtigen ersten Schritt dar. Erforderlich ist aber eine Anpassung der Leistungen für Auslandstaten an das Leistungsniveau für Inlandstaten. In Zeiten der Globalisierung und Weltoffenheit ist es erforderlich, deutschen Staatsangehörigen auch dann volle Leistungen des OEG zu gewähren, wenn sie im Ausland Opfer einer Gewalttat werden.
Der WEISSE RING fordert die Aufhebung des § 10a OEG und damit uneingeschränkte Leistungen des OEG auch für die Opfer, die vor dem 16.05.1976 eine Gewalttat erlitten haben.
Geschädigte, die auch heute noch unter den Folgen solcher Gewalttaten leiden, sind durch die gesundheitlichen Einschränkungen jahrzehntelang belastet. Sie bedürfen in besonderem Maße der Unterstützung des Staates. Ihnen ist unter den gleichen Voraussetzungen Entschädigung zu gewähren wie denjenigen, die nach dem Inkrafttreten des OEG Opfer geworden sind. Leistungen für immaterielle Schäden durch die Täter oder Dritte decken zum einen andere Ansprüche ab und stellen zum anderen keinen adäquaten Ersatz dar.
Leistungen nach dem OEG ruhen gemäß § 65 BVG, sofern aus derselben Ursache Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung erbracht werden. Gleiches gilt in Höhe des Unterschieds zwischen einer Versorgung nach allgemeinen beamtenrechtlichen Bestimmungen und aus der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge. Grundsätzlich ist der Gesamtwert der Bezüge maßgeblich. Ein Vergleich der Einzelleistungen findet nicht statt.
Stellt also die Gewalttat gleichzeitig einen Arbeits- oder Dienstunfall dar, werden regelmäßig nur die vorrangigen Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung erbracht, da diese im Allgemeinen höher sind als die Leistungen aus dem OEG. Selbstverständlich müssen Doppelleistungen grundsätzlich vermieden werden. Aus der Sicht der betroffenen Opfer ist jedoch nicht nachzuvollziehen, dass sie trotz der besonderen Belastung durch eine Gewalttat keinerlei Leistungen aus dem OEG erhalten.
Die Beschädigtengrundrente ist eine ideelle Entschädigung, die unabhängig von Einkommen und Vermögen geleistet wird. Der besondere Charakter der Beschädigtengrundrente zeigt sich auch in ihrer Nichtanrechenbarkeit auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende und der Sozialhilfe. Kriegsopfer in den neuen Bundesländern erhalten sie in voller Höhe. Die Beschädigtengrundrente aus dem OEG/BVG darf nicht ruhen, wenn Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung oder aus der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge erbracht werden, sie ist zusätzlich zu leisten.